Sankt Petersburg
Daten
* Autor: Bernd Tummelhofer * Verlag: Hans im Glück * Jahr: 2004 * Spieler: 2 bis 4 * Dauer: ca. 75 Minuten * Preis: ca. 20 EUR für den PC kostenlos bei den Westpark Gamers
meine Bewertung in Punkten (von 6):
* Aufmachung 6 * Spielbarkeit 6 * Interaktion 4 * Einfluss 5 * Spielreiz 6
Kurzbeschreibung:
Ein preisverdächtiges Spiel! Beim Aufbau der Zaren-Metropole sind Handwerksbetriebe, Gebäude und Adelige (als Beamte) erforderlich. Alles ist in Form von Karten mit ansprechender Grafik und prägnanter Funktionsdarstellung vorhanden - man muss es sich nur leisten können -
Die Handwerker erwirtschaften Geld, das für alle Aufbau-Aktionen benötigt wird, die Gebäude bringen Ruhm (= Siegpunkte), und die Adeligen unterstützen beides, indem sie Geld eintreiben bzw. das Gemeinwesen repräsentieren.
Spielablauf:
Die Karten sind, auf der Vorder- und Rückseite erkennbar, in die drei Bereiche unterteilt: grün für Handwerker, blau für Gebäude und orange für Adelige. Für jede Sorte gibt es einen eigenen (gemischten) Stapel. Diese Stapel liegen in der oben genannten Reihenfolge bereit. Ein vierter Stapel enthält Karten aller drei Sorten: die sogenannten Austauschkarten, die auf der Rückseite jeweils das Spektrum aller 3 Farben aufweisen.
Das Spiel läuft in ca. 5 bis 7 (je nach Spielweise auch einmal 10) Runden ab, die jeweils aus 4 Phasen bestehen. Diese Phasen werden in der Reihenfolge der Kartenstapel gespielt. Damit erkennbar ist, welche Phase läuft, dreht man den entsprechenden Stapel um 90 Grad, womit auch durch Symbole auf dem Spielplanfeld ersichtlich wird, dass es für diesen Bereich am Ende der Phase eine Wertung geben wird (bzw. bei den Austauschkarten nicht).
Jede Runde beginnt mit der Handwerker-Phase (grün). Von diesem Stapel werden so viele Karten aufgedeckt, dass acht ausliegen. Bei Spielbeginn liegen also nun 8 grüne Karten offen. (Bei 3 bzw. 2 Spielern gibt es zu Anfang ausnahmsweise nur 6 bzw. 4!) Die Spieler haben Markierungssteine zugelost bekommen, die angeben, in welcher Phase sie Startspieler sind. Diese Steine werden am Ende einer Runde im Uhrzeigersinn weitergegeben, so dass man beim nächsten Mal in einer anderen Phase beginnen darf. Der Spieler mit dem Handwerker-Symbolstein (einem Stuhl) hat also nun die erste Aktionsmöglichkeit. Es stehen vier Aktionen zur Wahl:
a) Man nimmt eine der ausliegenden Karten auf die Hand. Das kostet nichts und sichert diese Karte. Zu beachten ist aber erstens, dass ich höchstens drei Karten auf der Hand halten darf, und zweitens, dass Karten, die ich bei Spielende noch auf der Hand habe, mich jeweils fünf Siegpunkte kosten. Man sollte also nicht blind bunkern.
b) Man legt eine Karte aus der Hand offen vor sich aus. Das kostet aber den oben auf der Karte ausgedruckten Preis.
c) Man legt eine der auf dem Spielplan ausliegenden Karten vor sich aus. Auch in diesem Fall zahlt man den Preis.
d) Man verkündet, dass man passt, also in diesem Durchgang nichts tut.
Erst wenn alle Spieler hintereinander gepasst haben, also keiner mehr etwas tun möchte, ist die Aktionsphase beendet, und es kommt (außer in der Austauschkarten-Phase) für alle Spieler zur Wertung. Dabei bringt jede ausliegende Karte in der aktuellen Phasen-Farbe die aufgedruckten Rubel und/oder Siegpunkte. Karten, die früh erworben werden, liefern in jeder Runde wieder Erträge - z.B. jede Handwerkerkarte immer wieder drei Rubel.
Nach der Wertung wird der Kartenstapel zurückgedreht, und es beginnt die nächste Phase. Zum Ende der Phase der Austauschkarten gibt es - wie schon erwähnt - keine Wertung. Nun werden aber alle von den Spielern nicht genommenen Karten um einen Rubel billiger. Dazu verschiebt man sie auf dem Spielbrett aus der oberen in die untere Reihe. Falls dort noch Karten lagen, die schon in der vorherigen Runde übrig geblieben waren, werden diese aus dem Spiel genommen. Nun erfolgt die Weitergabe der Markierungssteine, und die nächste Runde kann beginnen.
Wenn einer der vier Stapel beim Aufdecken von Karten leer wird, endet das Spiel nach der Austauschkartenphase. Diese hat bekanntlich keine Wertung. Aber nun gibt es noch einmal zwei Siegpunktmöglichkeiten: Je 10 Rubel bringen einen Siegpunkt (was angesichts der Geldknappheit selten zu großen Sprüngen führt), und dann werden noch die Spieler belohnt, die viele verschiedene Adelige anwerben konnten - und zwar nach der z.B. aus Hase und Igel bekannten Fibonacci-Funktion: Der erste bringt 1 Punkt, der zweite 2 Punkte dazu, u.s.w.; für sieben verschiedene Adelige 28 Punkte zu bekommen, kann schon entscheidend sein!
Ein paar Details:
Die Austauschkarten können nur gespielt werden, wenn man eine entsprechende andere Karte aus seiner Auslage entfernt - daher der Name. Man zahlt dann nur die Differenz zwischen der entfernten und der neuen Karte, mindestens jedoch einen Rubel. Zu beachten ist, dass nur gleichfarbige Karten ersetzt werden dürfen, also z.B. Gebäude nur durch Gebäude, und dass bei den Handwerkern eine Zuordnung besteht: Ein Schiffbauer kann zur Werft werden, ein Pelzjäger zur Kürschnerei, u.s.w. - Die alte Karte kommt aus dem Spiel.
Beim Ausspielen von Karten gilt grundsätzlich, dass der angegebene Preis sich für jede bereits bei mir ausliegende exakt gleiche Karte um einen Rubel reduziert. Das ist vor allem bei Handwerkern interessant, gibt es hier doch nur fünf verschiedene, deren Preis von 3 bis 7 Rubel reicht. Diese Reduktion kann auch mit anderen kombiniert werden. Z.B. spart der Besitzer einer Schreinerei bei jedem Gebäudebau einen Rubel, und eine Oper sorgt dafür, dass Adelige sich mit einem Rubel "Anwerbeprämie" weniger begnügen. Und dann ist da ja auch noch die Möglichkeit, "alte" Karten zu erwerben.
Es gibt noch weitere Karten mit Sonderfunktionen, z.B. einen Steuereintreiber, der in der orangen Phase einen Rubel je Handwerker bringt, ein Lagerhaus, das berechtigt, eine vierte Karte auf der Hand zu lagern, und die Schenke, in der man Rubel zu Siegpunkten machen kann (wenn man denn zuviel Geld hat)
Bewertung:
Das Spiel läuft im Normalfall recht zügig ab. Sobald die Karten aufgedeckt wurden, kann jeder Spieler sich bereits Gedanken machen, welche er gerne akquirieren würde und/oder ob er Karten aus der Hand spielen möchte. (Aber natürlich ist meine Lieblingskarte bereits weg, bevor ich an die Reihe komme!) Und immer wieder zählt man seine Rubel: Was kann ich mir eigentlich leisten? Will ich mein Geld in dieser Phase ausgeben, oder muss ich etwas für die nächste aufsparen, damit ich Karten erwerben und auslegen kann, die mir mehr Geld bringen? - Die Spielregel "verspricht" nicht ohne Grund chronischen Geldmangel -
Dennoch bekommt man nicht den Eindruck, gespielt zu werden, selbst keinen Einfluss nehmen zu können. Man muss immer Entscheidungen treffen, deren Richtigkeit sich erst später erweisen wird. Durch die "Kramerleiste" ist ein Überblick über den Siegpunktestand gegeben, und an den Auslagen der Mitspieler kann man erkennen, wie sich ihre Punkte und geldlichen Möglichkeiten entwickeln werden. Ein zu langes Grübeln entfällt aber auch, da die Aktionsmöglichkeiten sich in überschaubarem Rahmen halten. Dieser Überblick und ein schneller Spieleinstieg werden durch die fast durchweg auf einen Blick erkennbaren Funktionen der Karten sowie einen klaren Spielablauf sehr gut unterstützt.
Durch die Zufallsreihenfolge der Karten verläuft jede Partie anders, und die Vorteile starker Karten werden durch ihren hohen Preis gut austariert - lauter positive Aspekte, die für mich den Spielreiz von Sankt Petersburg dem von Puerto Rico sehr nahe kommen lassen.